Zweck einer Ausnahmevereinbarung
Gelten nach den zuvor genannten Regelungen die schweizerischen Rechtsvorschriften, kann im Einzelfall eine Ausnahmevereinbarung darüber getroffen werden, dass für die beschäftigte oder selbstständig tätige Person anstelle der schweizerischen die deutschen Rechtsvorschriften gelten. Wird eine solche Vereinbarung geschlossen, gilt sie stets einheitlich für alle vom Abkommen erfassten Zweige der deutschen Sozialversicherung.
Voraussetzung für den Abschluss einer Ausnahmevereinbarung
Bei einer Ausnahmevereinbarung handelt es sich um eine Ermessensentscheidung der beiden in Deutschland und Schweiz genannten Stellen. Grundvoraussetzung für den Abschluss einer Ausnahmevereinbarung ist das Interesse der Person daran, dass für sie weiterhin die deutschen Rechtsvorschriften gelten sollen. Bei der Entscheidung werden Art und Umstände der Erwerbstätigkeit und im Falle von Beschäftigten insbesondere die weitere arbeitsrechtliche Bindung an den in Deutschland ansässigen Arbeitgeber berücksichtigt.
Eine solche arbeitsrechtliche Bindung liegt vor, wenn das bisherige Arbeitsverhältnis unverändert fortbesteht oder lediglich um zusätzliche Regelungen für die Zeit des Einsatzes in der Schweiz ergänzt wird.
Aber auch ein ruhendes Arbeitsverhältnis kann aus unserer Sicht eine ausreichende arbeitsrechtliche Bindung darstellen, wenn bestimmte Nebenpflichten (z. B. Berichtspflichten gegenüber dem in Deutschland ansässigen Arbeitgeber, Fortführung der betrieblichen Altersvorsorge bei diesem Arbeitgeber) während des Auslandseinsatzes bestehen bleiben und das bisherige Arbeitsverhältnis bei der Rückkehr nach Deutschland in vollem Umfang wiederauflebt.
Ferner muss sich der deutsche Arbeitgeber bereiterklären, die Beitrags- und Meldepflichten zur deutschen Sozialversicherung zu übernehmen. Als Bemessungsgrundlage hierzu dient das gesamte Gehalt, welches die Person – ggf. von mehr als einem Arbeitgeber - beanspruchen kann.
Zeitlicher Rahmen einer Ausnahmevereinbarung
Eine Ausnahmevereinbarung wird grundsätzlich nur für Beschäftigungszeiträume von bis zu maximal fünf Jahren getroffen. Bei der Berechnung des Fünf-Jahres-Zeitraums werden Zeiten einer vorherigen Entsendung in die Schweiz angerechnet. Bei einer mehr als einjährigen Unterbrechung der Arbeiten in der Schweiz entfällt eine solche Zusammenrechnung von Beschäftigungszeiten.
Verlängert sich ein zunächst für maximal fünf Jahre geplanter Einsatz in der Schweiz, kann aus unserer Sicht eine weitere Ausnahmevereinbarung für maximal drei weitere Jahre in Betracht kommen, sofern besondere Umstände der Beschäftigung die Verlängerung des Einsatzes in der Schweiz erfordern. Diese Gründe sind im Antrag vom Arbeitgeber oder der beschäftigten Person nachvollziehbar darzulegen.
Besonderheiten für die Schweiz
Auch wenn aus unserer Warte die Voraussetzungen vorliegen, um eine Ausnahmevereinbarung für maximal acht Jahre zu unterstützen, stimmt die zuständige Stelle in der Schweiz einer Verlängerung üblicherweise längstens bis zum Ablauf des sechsten Beschäftigungsjahres in der Schweiz zu. Wird die Beschäftigung dann weiterhin in der Schweiz ausgeübt, gelten folglich nicht mehr die deutschen, sondern die schweizerischen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit.
Das deutsch-schweizerische Abkommen sieht keine Regelung für Erwerbstätige vor, die ihre Erwerbstätigkeit gewöhnlich in Deutschland und der Schweiz ausüben. Folglich unterliegt die erwerbstätige Person hinsichtlich der in Deutschland ausgeübten Tätigkeit den deutschen und hinsichtlich der in der Schweiz ausgeübten Tätigkeit den schweizerischen Rechtsvorschriften. Die zuständige Stelle in der Schweiz ist in der Regel nicht bereit in diesen Konstellationen durch Abschluss einer Ausnahmevereinbarung die ausschließliche Anwendbarkeit der deutschen Rechtsvorschriften zu vereinbaren.
Das Abkommen lässt zwar grundsätzlich auch für selbstständig tätige Personen den Abschluss einer Ausnahmevereinbarung zu, allerdings ist die zuständige Stelle in der Schweiz in der Regel nicht bereit, einen Selbstständigen, der längerer als 24 Monate in der Schweiz tätig ist, von der Anwendbarkeit der dortigen Rechtsvorschriften zu befreien.
Eine Ausnahmevereinbarung sollte möglichst vier Monate vor Aufnahme der Beschäftigung in der Schweiz bzw. vor Ablauf des 24. Monats einer Entsendung in die Schweiz beim GKV-Spitzenverband, DVKA beantragt werden, damit bereits zu Beginn des Antragszeitraums für alle Beteiligten Rechtssicherheit hinsichtlich der anzuwendenden Rechtsvorschriften besteht.
Kann der Antrag ausnahmsweise erst nach Aufnahme der Beschäftigung in der Schweiz bzw. nach Ablauf des 24. Kalendermonats der Entsendung bzw. des Zeitraums, für den bereits eine Ausnahmevereinbarung geschlossen wurde, gestellt werden, ist der Grund für die Verspätung anzugeben. Ferner bitten wir um Mitteilung, ob weiterhin ausschließlich Sozialversicherungsbeiträge in Deutschland gezahlt wurden.
Zuständigkeit für den Abschluss von Ausnahmevereinbarungen
Für den Abschluss einer solchen Vereinbarung ist auf deutscher Seite der GKV-Spitzenverband, DVKA und auf schweizerischer Seite das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) zuständig. Es sind in jedem Einzelfall beide Stellen beteiligt, wobei der GKV-Spitzenverband, DVKA die Kommunikation mit der schweizerischen Stelle übernimmt.
Den Antrag auf Abschluss einer Ausnahmevereinbarung, nach der die deutschen Rechtsvorschriften gelten sollen, ist gemeinsam von der beschäftigten Person und ihrem Arbeitgeber bzw. von der selbstständig tätigen Person beim GKV-Spitzenverband, DVKA zu stellen.
Antragsverfahren für abhängig beschäftigte Personen
Bitte senden Sie sowohl den Antrag als auch die Erklärung des Arbeitnehmers / der Arbeitnehmerin vollständig ausgefüllt und jeweils unterschrieben an:
GKV-Spitzenverband, DVKA
Postfach 200464
53134 Bonn
Telefax: 0228-9530-601
De-Mail: ausnahmevereinbarung@dvka.de-mail.de
Antragsverfahren für Selbstständige
Für Selbstständige ist der persönlich unterschriebene Antrag formlos zu stellen.
Dieser Antrag sollte insbesondere folgende Angaben erhalten:
- zur Person (Name, Geburtsdatum, Anschrift, Telefon oder E-Mail),
- zur Rentenversicherungsnummer (falls vorhanden),
- zur Erwerbstätigkeit in Deutschland (Seit wann wird die Tätigkeit ausgeübt? Wird der Geschäftsbetrieb während des Auslandseinsatzes aufrechterhalten? Wird die Selbstständigkeit im Anschluss an den Auslandsaufenthalt weiter fortgeführt?),
- zum Einsatzort im anderen Mitgliedstaat,
- zur Aufenthaltsdauer im anderen Staat inklusive einem Hinweis, woraus sich die zeitliche Befristung des Aufenthaltes ergibt,
- zur gesetzlichen Krankenkasse (falls vorhanden),
- zu den Zweigen der deutschen Sozialversicherung bei denen eine Absicherung besteht.
Ausstellung der Bescheinigung CH 1
Stimmen beide Stellen dem Abschluss der Ausnahmevereinbarung zu, teilen wir dies dem Antragsteller schriftlich mit. Aufgrund dieses Schreibens erhalten Sie die Bescheinigung CH 1, die als Nachweis über die weitere Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit dient.
Diese Bescheinigung wird nach Vorlage unseres Zustimmungsschreibens ausgestellt von:
- der gesetzlichen Krankenkasse, an die die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung abgeführt werden,
- dem zuständigen Unfallversicherungsträger, sofern in Deutschland nur eine gesetzliche Unfallversicherung besteht.
Werden auch keine gesetzlichen Unfallversicherungsbeiträge gezahlt, gilt unser Zustimmungsschreiben als Nachweis über die weitere Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften.